Mein loser Faden – klaustrophobische Verwirrung und Verzweiflung
Dennis Cooper ist ein oft ruppiger Autor. Kompromisslos, verzweifelt umbarmherzig. Seine knappen, manchmal unvollständigen Sätze setzen einem richtig zu, ihre Verweise und Auslassungen erschließen sich oft erst etwas später oder gar erst bei nochmaliger Lektüre. Manches ist tatsächlich schwer zu ertragen, so gut ist das gemacht. Kein Zufall, dass Cooper in den USA das ist, was man mit dem Etikett “Kultautor” versieht, kein Wunder, dass ihn viele schreibende Kolleg*innen verehren. Seine Bücher sind aufwühlend, stilistisch geschliffen und gleichermaßen verstörend wie auch komisch. Mein loser Faden (My Loose Thread, Canongate Books Ltd., 2002) ist da keine Ausnahme und neben Gus van Sants Elephant die wohl schockierendste Reise in den Kopf eines amerikanischen Teenagers.
“Für mich ist es eine Reportage. Ich wollte es so haben, dass es da den Kopf dieses Jungen gibt, und dann das Zeug, das aus diesem Kopf hervorkommt. Ohne Stuss, ohne Kunst, ohne Tricks. Es ist mysteriös und verwirrt, so wie er. Es ist wie dieses Stromkabel und was aus ihm strömt.”
– Dennis Cooper –
Gilman ist der Anführer einer rechtsextremen Gruppe, die Todeslisten ihrer Mitschüler führt. Als Pete von Gilman den Auftrag bekommt, für 500 Dollar Bill zu töten, weil er dessen Notizbuch haben will, sucht Pete bei Larry Hilfe. Larry wirkt gefühlskalt und ist gewaltbereit, er erledigt den Job scheinbar ohne Mitgefühl. Aber Larry wird von Schuldgefühlen gequält, er glaubt sich verantwortlich für den Tod eines Freundes. Und er fühlt sich in Sorge zu seinem kleinen Bruder hingezogen, den er aber dennoch schwer misshandelt. Als Larry beginnt, im Notizbuch des ermordeten Bill zu lesen, nehmen seine Verwirrung und Zerrissenheit noch zu. Die Schraube der Gewalt wird immer fester angezogen, bis es kommt, wie es kommen muss – es fallen Schüsse …
„Was gibt’s?“, sagt Will mit einer Stimme, als ob es ihm egal wäre,
was ich als nächstes sage. Ich schätze, er war schon immer so.
„Nichts. Wo ist Tran?“
„Irgendwo, wo er der Freak sein kann“, sagt er.
Dann sitzen wir nur da und sehen zu, wie die Welt
wie immer gegen uns arbeitet.
Willst du was wissen?“
„Nicht wirklich“, sagt Will.
Zum Buch: Mein loser Faden
Autorenfoto: Privat
Alle Buchfotos: Andreas Scheriau
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