Vater, Mutter, Kim – Zimtbrötchen und Einsamkeit
Im Kinderzimmer liegen noch Schulbücher, die einfachsten Grabsteine der Welt. Kim hatte sich nicht von ihnen trennen können. Sella und Arild können es auch nicht. Sella bäckt und Arlid schweigt. Sie würde ihren Nachbarn gerne ihr Beileid und Mitgefühl aussprechen. Doch es ist der falsche Moment dafür. Ihre Zimtbrötchen wandern anstatt ins Nachbarhaus in die Tiefkühltruhe. Trauer ist wie ein schwer zu ruderndes Boot. Man muss gleichzeitig rudern und das Wasser herausschöpfen. Zur kollektiven Trauer Norwegens um die im Anschläge von 2011 gesellt sich Sellas persönlicher Verlust. Rund um den Alltag des Paars spinnt der Autor Eivind Hofstad Evjemo zarte, unsichtbare Fäden. Schmucklos, direkt, eindringlich und mit Bedacht entwickelt der Roman seine Wucht, mit der Einsamkeit, Trauma, Erinnerung und Weitermachen zutage treten.
Von oben betrachtet sieht es aus, als sei gar nichts passiert
Es ist ein stiller, fast ereignisloser Roman, den Eivind Hofstad Evjemo neben jenes Ereignis stellt, das sich brutal und tief in das kollektive Gedächtnis Norwegens geschlagen hat: die Anschläge in Oslo und auf der Insel Utøya. Mit nüchterner Behutsamkeit nähert er sich Sella und Arild an, sucht im Wirrwarr der alltäglichen Dinge und der allgemeinen Trauer nach ihrer ganz privaten, die unter der Anteilnahme wieder aufbricht. Ein berührender, genauer Text über Verlust und Trauer und die hartnäckige Einsamkeit, die zwischen den gewohnten Dingen haust.
Zum Buch: Vater, Mutter, Kim
Autorenfoto: Birgit Solhaug
Alle Buchfotos: Luftschacht Verlag
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