Insekten – Ohne Reue bis zum Ende
Der übliche Nazi-Großvater, das ist auch ein Klischee. Aber was tut man, wenn das Klischee mit einem am Tisch sitzt und vom Krieg erzählt? Weghören, nachfragen? Regina Hofer und Leopold Maurer haben sich bei dessen Großvater für Zweiteres entschieden und den alten Mann interviewt. Das Ergebnis dieser Gespräche haben sie beide gezeichnet: ein erschütterndes Dokument der Reuelosigkeit bis zum Ende in Schwarz-Weiß.
Ja, sicher war ich bei der Hitlerjugend. Zuerst bei den Hahnenschwanzlern unter Dollfuß, dann die Hitlerjugend. Mit 17 meldete ich mich freiwillig zur Waffen-SS.
Dort wo ich angefangen habe, Soldat zu werden, dort habe ich auch aufgehört. Das war in Dresden. Der alte Mann redete gern über den Krieg und erzählte: wie das alles begonnen hatte, wie jeder begeistert war, bis wir angefangen haben zu verlieren. Er war Soldat in der Division „Das Reich“, machte Dienst im SS-Regiment „Der Führer“, das mehrfach beinahe völlig aufgerieben wurde und an zahlreichen Kriegsverbrechen beteiligt war. Dreimal war er in Russland, er war in Belgien, in Frankreich, in Ungarn, in der Ukraine. Seine Division war bei Kiew stationiert, als beim Massaker von Babyn Jar über 33.000 Juden ermordet wurden, und 1944 wurde es an die Invasionsfront in der Normandie versetzt. Das musst du erlebt haben, sagte er oft. Und hat selbst alles auch überlebt. Nach dem Krieg traf er sich weiter mit seinen Kameraden von der Waffen-SS. Weil ein Nazi war er immer noch …
Zum Buch: Insekten
Autorenfoto: Ava Maurer
Alle Buchfotos: Andreas Scheriau
website von Leopold Maurer: leopoldmaurer.com