Am Geburtstag Curzio Malapartes ziemt es sich, Wildlederhandschuhe anzuziehen und sich auf die Suche nach Windhunden zu begeben, während an dem von Scott Fitzgerald nichts anderes möglich scheint, als betrunken mit dem Schreibtischstuhl umzukippen. Wir erfahren, dass der Autor einen Drachen steigen lässt, gerade als Rolf Dieter Brinkmann in London von einem Auto überfahren wird, und dass die Freundin sich ausgerechnet an dem Tag verabschiedet, als sich die Band Nirvana von ihrem Schlagzeuger trennt.
Was geht vor in einem Schriftsteller, der sich offenbar in einer schöpferischen Krise befindet? Er sucht und findet Ablenkung bei Kollegen, die sich für ein Gespräch aus dem Jenseits melden; er greift auf Obsessionen zurück, um ein wenig Alltag in den Abwechslungsreichtum zu schmuggeln; er kennt Strategien, die aus Schreibblockaden herauslocken, um in menschlichen Katastrophen zu enden. Und dennoch: Ein Text über das Schreiben einer Erzählung kann selbst die Erzählung sein.
Ausgestattet mit verblüffenden Formulierungen, die sich zeitlichen Ungereimtheiten gegenüber widerständig erweisen, macht Hanno Millesi eines glaubwürdig: Alles ist besser, als in völliger Dunkelheit dem eigenen Gedankenapparat ausgeliefert zu sein.
“In Millesis raffinierten Szenarien, verliert die Erkenntnis, dass der Metatext zugleich der Text ist, jedoch ihren Schrecken. Dank penibler Spracharbeit hält beim Lesen das Vergnügen stets mit dem Erkenntniswert Schritt.” (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
“Millesi, ein Virtuose, […] spielt mit der Kunst des Geschichtenerzählens wie Architektenkinder mit Legosteinen.“ (Volltext)
“Millesi verpackt den Kampf um die Sprache und um literarisches Schreiben gekonnt in (großteils) liebevoll neurotische Kurzgeschichten, deren Bezugssysteme (zwar zum Teil etwas willkürlich gewählt erscheinen, aber dennoch) einen witzigen und sprachlich gekonnten Verlauf nehmen. Selten war es so unterhaltsam, das Scheitern und wieder Anlaufnehmen eines Autors zu beobachten.” (skug)
“Komplex, intelligent, erheiternd und erhellend: Millesi hat ein großartiges Stück Metaliteratur geschrieben.” (Literatur und Kritik)
“Millesis Erzählungen sind eine verzweifelte, woodyalleneske Parodie auf den Beruf des Schriftstellers, ein aberwitziges Spiel mit Schreibreflexion und Poetik. Das innere und äußere Sonnensystem garantiert ein großes Lesevergnügen.” (Falter)
Hanno Millesi: Methode Mensch
Videolesung aus Das innere und das äußere Sonnensystem
Es liest: Hanno Millesi
Realisierung: Marianne Schreck
Hanno Millesi, geb. 1966, studierte an der Universität Wien und der Hochschule für Angewandte Kunst Wien. Lebt in Wien. Website: www.hanno-millesi.com
Titel bei Luftschacht: Granturismo (Roman, 2012), Nachbeben Japan (Anthologiebeitrag, 2012), Das innere und das äußere Sonnensystem (Prosazyklus, 2010), Dick Boss (Comicbeitrag, 2010), Der Nachzügler (Roman, 2008), Im Museum der Augenblicke (Roman, 2007), Wände aus Papier (Prosazyklus, 2006), Mythenmacher (Roman, 2005)
The stories, claims and confessions collected here venture deep into the universe of literary prose. The author travels as a stowaway through a history of art, cinema and literature.
On Curzio Malaparte’s birthday, it is befitting to put on the suede gloves and go off in search of greyhounds, while on Scott Fitzgerald’s, doing anything other than falling drunken from a desk chair seems impossible. We learn that the author flies a kite just as Rolf Dieter Brinkmann is run over by a car in London and that his girlfriend leaves him on exactly the same day as the drummer leaves the band Nirvana.
What makes a writer, who is evidently in the middle of a creative crisis, tick? Equipped with bewildering words and turns of phrase, which prove to be resistant to contemporary contradictions, Hanno Millesi renders one thing credible: Anything is better than being helplessly subjected to the workings of your own mind in total darkness.